<i>Neubaufamilie</i> <i>Neubaufamilie</i> Tapeten Grundmotiv / Fotografie, 120 x 150 cm <i>Neubaufamilie</i> (detail)

Plasterhouse & Wallpaper, Installation, Cologne, 2002.

112 x 43 x 29 cm

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„Das Haus in Bettina Bucks Rauminstallation „Neubaufamilie“ (2002) ist nicht einsehbar. Hermetisch, in Gips gegossen, steht es untrennbar auf einem Gipssockel wie eine Metapher für unzugänglichen inneren Raum. Seine Fassade, sein Innenleben aber kennt man. Hat so ein Fisher Price Haus, das Bucks Modell war, am praktischen Tragegriff mit sich durch die Kindheit getragen, unendlich oft aufgeklappt, sich im Spiel mit seinen netten Bewohnern Alltag antrainiert oder erfunden. „Die Welt wartet auf Dich!“ verspricht sein Hersteller. Indem man einfach losläuft, ohne Erfahrung und Aneignung von Strukturen und Regeln, scheint sie aber kaum zu haben zu sein. Trotzdem schaltet die Projektion immer wieder auf Anfang.
Ohne Bewegung lässt sich nichts unterlaufen, ohne Distanzwechsel nichts erkennen. Wahrnehmungsmuster bleiben fix. Die Risse, geflickten Bruchstücke, eingegipsten Gaffertape-Spuren, die das Haus aufweist, als drohe es vor angespeicherter Geschichte zu bröckeln, blieben dann unbemerkt.

Das Motiv der Tapete, mit der Bettina Buck zwei das Haus rahmende Wände vollständig tapeziert, erwiese sich kaum als mehr als ein scherenschnitthaft dekoratives Ornament. Aus der Nähe aber erkennt man als Vorlage eine Schwarzweißfotografie, die aus seitenrichtiger und –verkehrter, dann zusammen um 180 Grad gedrehter Reproduktion ein unendlich wiederholt erscheinendes Grundmodul bildet. Hellkopiert und vergrößert wiederholt es sich einzeln auch als Tapetenuntergrund. Eine Familienszene vor der Haustür, aufgenommen in einer etwas trostlosen Neubausiedlung der 50er Jahre, ist auf dem gefundenen Foto fixiert. Sie wirkt inszeniert, ist es vielleicht aber nicht und irritiert deshalb. Aus ihrem privaten Wirkungskontext gerissen lebt sie vom narrativen Potential dieser Unsicherheit….

Vergangenes als unwiederbringlich wiederzubringen, meint Adorno, vergegenwärtigt es wirkungsvoll. In der Betrachtergegenwart hat Buck erinnerte Momente –in Gips konserviert, als Muster tapeziert, fest installiert, um imaginäre Prozesse freizusetzen.“

Alice Koegel